Einleitung
Allah hat das Leben und den Tod zu einem bestimmten Zweck geschaffen.
Dies hat Er dem Menschen in den Offenbarungen mitgeteilt, die Er sandte,
und in ihnen wurde deutlich zwischen Recht und Unrecht im Verhalten der
Menschen unterschieden. Dieser Zweck ist in dem folgenden Vers dargelegt:
(Er,) Der den Tod und das Leben erschaffen hat, um euch
zu prüfen, wer von euch vorzüglicher in seinem Handeln ist; und Er ist
der Mächtige, der Nachsichtige. (Sure 67:2 - al-Mulk)
Die Quintessenz der Erfüllung dieses Zwecks ist es, Allah die Ehrerbietung
zu erweisen, die Ihm gebührt (zumindest in dem Maß, in dem man dazu fähig
ist), die Grenzen einzuhalten, die Er gesetzt hat, ein Verständnis davon
zu erwerben, dass diese Welt nur eine vorübergehende Bleibe ist und dementsprechend
sein Handeln und Wandeln im Lichte der Gebote des Schöpfers zu gestalten.
Der Mensch der sich seinem Schöpfer gegenüber verantwortlich fühlt und
dementsprechend verhält, findet Segen, Wohlergehen, Geborgenheit und Frieden
schon in dieser Welt. Die, der Erfüllung aller Bedürfnisse der menschlichen
Seele zuträglichste Art der Lebensführung ist im Quran aufgezeigt. Wenn
der Mensch gewissenhaft den Geboten des Qurans folgt, kann sein Leben
zu einem Abbild des Paradieses werden.
Dem, der rechtschaffen handelt - ob Mann oder Frau -
und gläubig ist, werden Wir gewiss ein erfüllendes Leben bescheren; und
Wir werden ihren gewiss ihren Lohn geben, bemessen an den besten ihrer
Taten. (Sure 16:97 - an-Nahl)
Im vorhergehenden Vers gibt Allah den Gläubigen die erfreuliche Mitteilung,
dass diejenigen, die sich an die Gebote des Qurans halten, ein erfülltes
Leben ernten werden, womit der Mensch mit einem wichtigen Geheimnis des
Lebens betraut wird. Ruhm, Wohlstand und gutes Aussehen können niemals
ein erfülltes und friedensreiches Leben gewährleisten, solange der damit
bedachte Mensch nicht den ethischen und moralischen Richtlinien der göttlichen
Offenbarung folgt.
Dies ist im Grunde genommen das Hauptanliegen dieses Buchs, eine lebhafte
Darstellung der Nöte und Unruhe zu geben, die man ununterbrochen im Lauf
seines Lebens erfahren muss, wenn man ein Leben führt, wie es nicht von
Allah gebilligt ist, sowie der Glückseligkeit die man in seinem Leben
erfahren kann, wenn man sich in vollkommenem Gehorsam den Geboten Gottes
beugt.
Allah beschreibt die Lebensweise, die vor dem Kommen des Propheten Muhammad
vorherrschte als, Unwissenheit, Ignoranz - geistige Umnachtung - die 'Ära
der Unwissenheit'.
Das Wort 'Dschahilijah' - Ignoranz - wie es im Quran verwendet wird,
vermittelt eine Bedeutung, die sich ziemlich davon unterscheidet, was
es im normalen Sprachgebrauch bedeutet. Im allgemeinen Sprachgebrauch
bedeutet es so viel wie 'des Lesens und Schreibens unkundig', 'ungebildet',
oder 'jeglicher Manieren mangelnd'. Ignoranz im Sinne des Qurans dagegen
beschreibt einen Geisteszustand, indem der Mensch sich sowohl bezüglich
des Zwecks seines irdischen Daseins, so wie der Eigenschaften seines Schöpfers,
als auch der, durch das Wort Gottes offenbarten Information bezüglich
seines ewigen Lebens, vollkommen unbewusst ist. Dieses Wort bezieht sich
also auf einen Zustand der 'Bewusstlosigkeit' und die daraus entspringende
eigentümliche Lebensweise. Das Unvermögen seinen Schöpfer zu erkennen,
und die Unfähigkeit, die Realität der Welt, in der man lebt, und des Systems,
das einem umgibt, zu erfassen, sind gewiss Anzeichen einer extremen Form
von Ignoranz. Kein moderner Lebensstil, den sich jemand aneignen mag,
keine Fremdsprachen, die er erlernen mag, noch Regale voll mit Büchern,
die er gelesen haben mag, noch verfeinerte Umgangsformen, die er angenommen
haben mag, können solch eine Ignoranz wettmachen.
Die ignorante Gesellschaft ist eine Gesellschaft, in der solch ein Mangel
an Bewusstheit und solch eine Ignoranz vorherrschen. Das Konzept der ignoranten
Gesellschaft trifft jedoch nicht unbedingt nur auf die arabische Gesellschaft
vor der Offenbarung des Qurans zu, sondern kann auf alle Leute angewendet
werden, die, nachdem der Quran offenbart wurde, von der sittlichen Lebensweise,
zu welcher er auffordert, abgewichen sind, und somit ist dieser Begriff
sehr umfassend.
Das Grundprinzip der ignoranten Gesellschaft in Bezug auf Sittlichkeit
und Ethik besteht darin, dass die Leute sich ihrer eigenen individuellen
Vorstellung davon machen, was recht und was unrecht ist, und dann ihre
Lebensweise darauf ausrichten. Welche Folgen ergeben sich aus solch einer
Einstellung? Die Antwort ist sehr einfach: Die Menschen entwickeln dadurch
eine Gleichgültigkeit gegenüber dem wichtigsten Aspekt ihrer Existenz
- das Leben nach dem Tod. Solch eine Einstellung ist jedoch nicht nur
dem ewigen Leben des Menschen äußerst abträglich, sondern ebenso jeglicher
Hoffnung auf ein erfülltes, friedvolles Leben in dieser Welt. Der Grund
dafür ist, dass die, in der ignoranten Gesellschaft vorherrschende Sittlichkeit
fest in dem ziemlich 'mangelhaften' Verständnis begründet ist, dass das
Hauptziel des Lebens mehr oder weniger das gleiche für jedermann ist,
nämlich den höchstmöglichen Lebensstandard für den größtmöglichen Teil
dieses durchschnittlich 60 bis 70 Jahre dauernden Lebens zu erreichen.
Dies ist gewiss ein Ideal, dem so sehr an Weitblick mangelt, dass es
den Menschen notwendigerweise in eine sehr kleine Welt abtreiben lässt.
Solch eine Welt enthält die Art von Leuten, die engstirnig in ihrem Ausblick
und begrenzt in ihrem Denken sind. Diese Leute vertreten einfältige und
primitive Einstellungen und messen unwichtigen äußerlichen Einzelheiten
übermäßige Bedeutung bei. Das ist hauptsächlich in der Tatsache begründet,
dass dieses Ideal die grundlegenden Fragen über den Zweck und die Art
und Weise der Erschaffung des Menschen vollkommen vernachlässigt. Die
Erforschung von Realitäten, die über dieses irdische Dasein hinausgehen,
dem Leben nach dem Tod Rechnung zu tragen und sich darauf vorzubereiten,
sind Anliegen, die von solch einem Ideal vollkommen außer Acht gelassen
werden.
Für die Mitglieder der ignoranten Gesellschaft ist das Leben ein Wettstreit,
oder ein Kampf darum, ihr Dasein in der vorteilhaftesten Weise zu gestalten,
und ihr Hauptziel ist es, erfolgreich und einflussreich zu sein. Um dies
zu erreichen bildet das Individuum ein egozentrisches Bewusstsein aus.
Sobald der Mensch ein gewisses Maß an Wohlstand erreicht hat, entwickelt
er nur noch stärkere Gebundenheit an Geld und materiellen Wohlstand; darüber
hinaus, erweckt das Erreichen eines erstrebten Status die Begierde nach
einem noch besseren. Diese unersättliche Gier versklavt den Menschen so
allumfassend, dass es ihm unmöglich wird, die Ignoranz, der er verfallen
ist, zu erkennen und zu verstehen, und somit kann er sich niemals von
ihr befreien, wobei ein Vergleich mit der Lebens- und Denkweise und mit
den moralischen Werten, zu denen im Quran ermutigt wird, ihm die primitive
und ungesunde Natur seines Daseins enthüllen würden.
Der Zweck dieses Buchs ist es, diesen Vergleich weiter zu führen und
aufzuzeigen, zu welch einem Ausmaß die Mitglieder der ignoranten Gesellschaft
durch diesen Mangel an Verständnis im Bann ihrer Ignoranz gehalten werden.
Darüber hinaus unternimmt dieses Buch eine gründliche Untersuchung der
moralischen Werte dieses Unverständnisses und präsentiert die Lebensweise,
die Allah für den Menschen erwählt hat und ihm als das einzige Mittel
anempfiehlt, diese Mentalität zu überwinden.
Allah weist die Leute der ignoranten Gesellschaft im folgenden Vers auf
ihre Verirrung hin:
Sehnen sie sich etwa nach der Gesellschaftsordnung der
Ära der Unwissenheit zurück? Doch wer ist ein besserer Gesetzgeber für
ein Volk, das fest im Glauben gegründet ist, als Allah? (Sure 5:50 - al-Ma'ida)
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