Es gibt eine andere Idee, die wir zusammen mit der Idee
des Terrors überprüfen müssen; nämlich das Phänomen des Radikalismus.
Radikalismus bedeutet, plötzliche, revolutionäre und zerstörerirische
Änderungen zu unterstützen und in dieser Hinsicht eine strenge und kompromisslose
Politik zu betreiben. Radikale wollen Änderungen durch die Mittel der
Revolution erreichen und verhalten sich oft aggressiv.
Wie in jedem Bereich des Lebens, ist auch hier der Quran Wegweiser des
Muslim. Wenn wir den Quran betrachten, sehen wir, dass Radikalismus nicht
übereinstimmt mit dem Lebensstil, den Allah dem Muslim befiehlt. Wenn
Allah den Gläubigen im Quran beschreibt, stellt Er ihn als eine liebevolle,
gutmütige Person dar, die Konflikte und Streit vermeidet und die selbst
an die unfreundlichsten Menschen mit Herzlichkeit und in Freundschaft
herantritt.
Eines der Beispiele zu diesem Thema ist der Befehl von Allah an Moses
und Aaron, zu Pharao zu gehen und mit ihm "auf freundliche Weise"
zu sprechen.
Geht beide zu Pharao. Siehe, er überschreitet das Maß.
Doch sprecht mit ihm auf freundliche Weise. Vielleicht lässt er sich ermahnen
oder lernt, (Mich) zu fürchten. (Quran, 20:43-44)
Pharao war einer der grausamsten und rebellischsten Ungläubigen seiner
Zeit. Er war ein Despot, der sich Gott verweigerte und Götzen anbetete;
außerdem unterwarf er die Muslime (die Israeliten dieser Zeit) den schrecklichsten
Grausamkeiten bis hin zum Mord. Allah jedoch befahl Seinen Propheten,
zu einem solch feindlichem Mann zu gehen und mit ihm auf freundliche Weise
zu sprechen.
Beachten Sie bitte, dass die Art und Weise, die Allah befahl, nicht darauf
angelegt war, den Konflikt zu verschärfen, sondern dass der Prophet bemühte,
einen freundlichen Dialog zu beginnen.
Es gibt noch einige andere Beispiele im Dialog zwischen dem Propheten
Schuayb und der ungläubigen Gesellschaft, die dem Muslim Mittel und Wege
aufzeigen. Dieser Dialog wird im Quran folgendermaßen berichtet:
Und zu den Leuten von Madyan (entsandten wir) ihren Bruder
Schuayb. Er sprach: "O mein Volk! Dient Allah! Ihr habt keinen anderen
Gott als Ihn. Und verkürzt nicht Maß und Gewicht. Fürwahr, ich sehe, dass
es euch gut ergeht, gleichwohl fürchte ich für euch die Strafe eines allumfassenden
Tages.
O mein Volk! Gebt rechtes Maß und Gewicht und enthaltet den Leuten nicht
vor und richtet auf Erden kein Unheil an.
Allahs Rest ist das beste für euch, falls ihr gläubig seid. Doch ich
bin nicht euer Hüter."
Sie sagten: "O Schuayb! Bedeutet dein Gebot, dass wir aufgeben sollen,
was unsere Väter anbeteten, und dass wir mit unserem Vermögen nicht nach
Belieben schalten und walten sollen? Du bist doch immer nachsichtig
und rechtdenkend!"
Er sprach: "O mein Volk! Was meint ihr? Ich habe doch einen
deutlichen Beweis von meinem Herrn und Er hat mich von Sich aus schön
versorgt. Anders als ihr möchte ich keineswegs selbst tun, was ich
euch untersagt habe. Ich will nicht anderes als euere Besserung, so
weit ich es vermag. Und mein Erfolg liegt allein bei Allah. Auf Ihn vertraue
ich, und Ihm wende ich mich zu. (Quran, 11:84-88)
Wenn wir diese Gespräche lesen, sehen wir, dass der Prophet Schuayb die
Menschen zum Glauben an Gott und zu moralischem Verhalten in einer ganz
freundlichen und bescheidenen Weise aufgefordert hat. Wir können einige
der Aussagen in den Versen so erklären:
· "Doch ich bin nicht euer Hüter.":
Mit diesen Worten sagt er den Menschen, dass er sie nicht beherrschen
möchte, und betont, dass seine einzige Absicht ist, ihnen die Wahrheit
zu bringen.
· "Du bist doch immer nachsichtig und rechtdenkend!":
Diese Worte der Ungläubigen zu Schuayb zeigen uns, dass er einen gemäßigten,
freundlichen und höflichen Charakter hat und dass dieser auch von den
Ungläubigen angenommen wird.
· "O mein Volk! Was meint ihr?":
Diese Äußerung von Schuayb zeigt uns, dass er die Ungläubigen auffordert,
ihre Intelligenz und Gewissenhaftigkeit zu benutzen. Das heißt, er spricht
mit ihnen nicht in herrischer, rechthaberischer Weise, sondern lädt sie
zum Nachdenken und zur Gewissenhaftigkeit ein, indem er Sie nach ihren
Ideen fragt.
· "Anders als ihr möchte ich keineswegs selbst
tun, was ich euch untersagt habe.": Das Verbot von Schuayb
hier ist nicht wirklich ein Verbot. Er fordert die Menschen dazu auf,
von ihrem Fehlverhalten abzulassen, indem er erklärt, dass manche Taten
sündhaft sind. Wenn Schuayb sagt "Anders als
ihr möchte ich keineswegs selbst tun", betont er, dass er
nicht streiten will, sondern er möchte sie zum Glauben und zu moralischem
Verhalten auffordern.
Wenn wir den Quran lesen, sehen wir, dass alle Propheten ein warmherziges,
freundliches und tolerantes Wesen an den Tag legen. Allah beschreibt Abraham
im Quran wie folgt: "...Abraham war fürwahr
mitleidsvoll und milde." (Sure at-Tauba. 9:114). Ein Vers,
in dem die Moral unseres Propheten Muhammad beschrieben wird, lautet so:
"Und dank der Barmherzigkeit Allahs warst du gütig
zu ihnen. Wärst du aber grob und hartherzig gewesen, so wären sie von
dir davongelaufen. Darum vergib ihnen und bete für sie um Verzeihung...
(Quran, 3:159)
Eine offensichtliche Eigenschaft des Radikalismus ist die agitierende,
die "zornige" Sprechweise. Diese Sprechweise findet sich in
den Reden, Schriften und bei Veranstaltungen radikaler Menschen. Jedoch
ist der Zorn nicht ein Attribut des Muslims. Wenn Gott im Quran die Gläubigen
beschreibt, befiehlt er folgendermaßen:
"Die da spenden in Freud und Leid und den Zorn unterdrücken
und den Menschen vergeben - und Allah liebt die Gutes Tuenden -. (Quran,
3:134)
Es gibt keine Situation, in der ein Muslim in Zorn gerät. Das einzige,
was ein Muslim von anderen Menschen verlangt, ist, dass sie an Gott glauben
und entsprechend der Quranischen Moral leben, aber dies ist nur durch
die Gnade Gottes' möglich. Egal, was wir tun oder wie wir versuchen, den
Menschen die Wahrheit zu erklären, die Herzen der Menschen sind in den
Händen von Gott. Gott erinnert mit folgendem Vers die Muslime an diese
wichtige Tatsache:
... Wissen die Gläubigen etwa nicht, dass Allah alle
Menschen rechtleiten würde, wenn Er es Wollte?... (Quran, 13:31)
Ein anderer Vers, der die selbe Tatsache erwähnt, ist der folgende:
Und wenn dein Herr es gewollt hätte, wären alle auf Erden
allesamt gläubig geworden. Willst du etwa die Leute zwingen, gläubig zu
werden? (Quran, 10:99)
Aus diesem Grund ist die Aufgabe eines Muslims, nur die Wahrheit mitzuteilen,
die Menschen zur Wahrheit einzuladen. Ob die Menschen diese Einladung
annehmen oder ablehnen, geht nur ihr Gewissen an. Allah betont diese Tatsache
im Quran und führt aus, dass es "keinen Zwang im Glauben" gibt:
Kein Zwang im Glauben! Klar ist nunmehr das Rechte vom
Irrtum unterschieden. Wer die falschen Götter verwirft und an Allah glaubt,
der hat den festesten Halt erfasst, der nicht reißen wird. Und Allah ist
hörend und wissend. (Quran, 2:256)
Folglich kann kein Zwang ausgeübt werden, damit die Menschen zu Gläubigen
werden, damit die Gläubigen den Befehlen von Gott folgen und sich vor
den Sünden hüten. Man kann die Menschen nur ermahnen. Allah erklärt in
einigen Versen, die Er unserem Propheten offenbart hat, dass Muslime keinen
Zwang ausüben sollen:
Wir wissen wohl, was sie sagen; doch du kannst sie nicht
zwingen. Darum ermahne mit dem Quran alle, die Meine Drohung fürchten.
(Quran, 50:45)
Sprich: "O ihr Menschen! Nun ist die Wahrheit von
euerem Herrn zu euch gekommen. Wer da geleitet ist, der ist nur zu seinem
eigenen Besten geleitet; und wer irregeht, der geht nur zu seinem eigenen
Schaden irre. Und ich bin nicht euer Sachwalter." (Quran, 10:108)
Da Muslime nichts erzwingen und nichts unterdrücken, und da sie dafür
verantwortlich sind, auch mit den Ungläubigen auf freundliche Weise zu
sprechen und ihren Glauben mitzuteilen, können sie nicht "radikal"
sein. Denn Radikalismus verteidigt und ermutigt das Gegenteil dieses Verhaltens.
In der Tat ist Radikalismus eine antiislamische Denkweise und ein politisches
Vorgehen. Wenn wir die sozialen Phänomen überprüfen, die dem Radikalismus
zugrunde liegen, wird deutlich, dass diese im Allgemeinen eine Ansammlung
der Methoden und Äußerungen, die von den Kommunisten in einer früheren
Zeit verwendet wurden, oder ein Ausdruck "des blinden Eifers der
Unwissenheit" (Quran, 48:26) sind, die mit dem wahren Islam nichts
zu tun haben.
Muslime sollen eine ärgerliche, Spannung erzeugende, streitsüchtige Haltung
vollständig zurückweisen, da sie der Natur des Quran zuwiderhandelt und
stattdessen eine freundliche, liebenswürdige, tolerante, ruhige und friedvolle
Haltung annehmen. Muslime sollen Vorbild sein und wegen ihrer Reife, Toleranz,
Mäßigung, Bescheidenheit und Friedfertigkeit bewundert werden. Auch in
der Wissenschaft, der Kultur, Kunst, Ästhetik und Sozialordnung müssen
Muslime den Islam in der bestmöglichen Weise leben und ihn in der Welt
repräsentieren.
Der Weg, den Islam anderen zu erklären und ihn gegen die Ideen zu verteidigen,
die ihm wesensfremd sind, wurde oben zusammengefasst. Im folgenden Vers
sagt uns Allah, welches Verhalten ein Muslim im Hinblick auf andere annehmen
muss:
Lade zum Weg deines Herrn mit Weisheit und schöner
Ermahnung ein, und diskutiere mit ihnen auf die beste Art und Weise. Siehe,
dein Herr weiß am besten, wer von Seinem Weg abgeirrt ist, und Er kennt
am besten die Rechtgeleiteten. (Quran, 16:125)
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